Krankenhäuser wehren sich gegen Kontrollwahn und Misstrauen
Die Stimmung in den Krankenhäusern ist schlecht. Dies wurde bei der diesjährigen Mitgliederversammlung der Bayerischen Krankenhausgesellschaft (BKG) am Freitag in München deutlich. Die BKG-Vorsitzende, Landrätin Tamara Bischof, übte an der aktuellen Krankenhauspolitik der Bundesregierung heftige Kritik.
Das Verhalten der Politik gegenüber den Beschäftigten in den Kliniken sei von Misstrauen und Kontrollwahn geprägt. Die Krankenhäuser würden mit überbordender Bürokratie und überzogenen Forderungen belastet. Hinzu kämen nun noch ungerechtfertigte Strafzahlungen, wie jüngst mit dem MDK-Reformgesetz beschlossen.
Die BKG-Vorsitzende betonte, es sei „ein schlechter Witz und geradezu zynisch“, wenn Krankenhäuser künftig mit Strafzahlungen belegt würden, wenn sie Patienten nach der eigentlichen Behandlung noch einige Tage weiter versorgten, bis eine geeignete Anschlussversorgung – d. h. ein Reha- oder Pflegeplatz – gefunden sei.
Tamara Bischof beklagte, dass bundesweit immer mehr Krankenhäuser Insolvenz anmelden müssten, weil Politik und Krankenkassen mit wirtschaftlichen und unrealistischen Vorgaben möglichst viele Kliniken aus dem Markt drängen wollten. „Diese ungeordnete kalte Strukturbereinigung durch die Hintertür muss beendet werden“, forderte sie.
BKG-Geschäftsführer Siegfried Hasenbein bekräftigte dies: „Der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen kennt nur einen Weg: Bei jeder Gelegenheit die Latte so hoch zu legen, dass möglichst viele Krankenhäuser daran scheitern und aus der Versorgung aussteigen“.
Die Mitgliederversammlung bot jedoch auch Raum zur Selbstkritik. Der Strukturwandel in der Krankenhausversorgung sei unausweichlich und die Klinikverbände hätten sich in dieser Frage bislang zu passiv und abwehrend gezeigt. Notwendig sei jetzt ein Krankenhausgipfel in Berlin, in dem Bund und Länder zusammen mit den Kliniken die Krankenhausversorgung der Zukunft gestalteten.
„Wir haben einen Autogipfel, einen Klimagipfel, einen Integrationsgipfel und jüngst auch ein Gipfeltreffen mit den Landwirten. Die Herausforderungen in der Krankenhausversorgung, immerhin ein Kernstück der Daseinsvorsorge, sind ebenfalls einen Gipfel wert“, forderte Bischof.
Schlecht kam bei der Jahresversammlung der bayerischen Krankenhäuser Bundesgesundheitsminister Jens Spahn weg. 20 Gesetze in 20 Monaten vorweisen zu können, sei noch lange keine Erfolgsbilanz. Damit könne man vielleicht weite Teile der Öffentlichkeit und die Medien beeindrucken. Viele Gesetze würden aber im Eiltempo durchpeitscht und seien „unausgegoren und handwerklich unsolide“, so die BKG-Vorsitzende. Bislang seien trotz der Gesetzeshektik keine Verbesserungen erkennbar, vieles gehe sogar in die falsche Richtung und Kurskorrekturen seien dringend erforderlich.
Als gravierendstes Beispiel nannte sie die von Bundesgesundheitsminister Spahn verordneten Pflegepersonaluntergrenzen. Statt besserem Schutz sei eine zusätzliche Gefährdung der Patienten eingetreten. Kliniken müssten aufgrund der praxisuntauglichen und unerfüllbaren Vorgaben immer häufiger Betten stilllegen und Patienten abweisen. Landrätin Bischof warf dem Gesundheitsminister „Starrsinn“ vor, wenn er an diesem Weg festhalte.
In einer breiten Allianz hätten Krankenhausträger, Pflegeverbände und die Gewerkschaft ver.di einen sachgerechten Alternativvorschlag zur Bemessung des Pflegepersonals vorgeschlagen. „Einem Konzept, getragen von Krankenhausträgern, Pflegeverbänden und Arbeitnehmervertretung kann sich ein Minister nicht verschließen“ meinte BKG-Geschäftsführer Hasenbein.
Die Vorsitzende Tamara Bischof rief alle Beteiligten zu einer gemeinsamen Anstrengung auf. „Lassen Sie uns an der Vision einer Krankenhausversorgung arbeiten, in der die Mitarbeiter nicht ständig unter Misstrauen und dem Damoklesschwert von Sanktionen arbeiten müssen, in der Leistungen auskömmlich finanziert sind und unseren Mitarbeitern ausreichend Zeit für den Patienten bleibt.“